2018/03/13, Tag 1.016 (2a 9m 12d),
Teilstrecke: 112,0 km,
Gesamtstrecke: 15.096,0 km

Wir hatten beabsichtigt, unser letztes Hotel nach einer Nacht wieder zu verlassen. Nach unserer Ankunft hatte Dagmar einen Niesanfall, den sie nicht ernst nahm, da ihr das öfter passiert. Am nächsten Morgen hatte sie eine verstopfte Nase, fast keine Stimme mehr und ein Husten kündigte sich an. Sie war noch immer optimistisch und hoffte, nach zwei Tagen weiterfahren zu können. Die Erkältungsmittel aus unserem Medikamentenvorrat schlugen zwar an, doch als nach drei Tagen Fieber hinzukam, war die Zeit für den Einsatz stärkerer Mittel gekommen. In Indien ist es kein Problem, in jeder Apotheke ein geeignetes Antibiotikum zu bekommen – zu einem Preis, der deutsche Krankenversicherer schlagartig von den meisten Sorgen befreien würde. Dennoch dauerte es weitere fünf Tage, bis es besser wurde. Nach einem weiteren Ruhetag wagten wir es, weiterzufahren.

Um am Morgen der Abreise nicht zu viel Zeit zu verlieren, haben wir uns angewöhnt, die Rechnung bereits am Vorabend zu begleichen. Diesmal teilte man uns mit, das sei nicht möglich, da man uns aufgrund eines Problems mit dem Rechner keine Rechnung ausstellen könne. Auf meine Drohung, angesichts der neuen Lage sofort ausziehen zu wollen, da wir in diesem Fall keine Rechnung präsentiert bekommen könnten und folglich nicht zahlen müssten, war plötzlich eine Bezahlung doch möglich. Geld an Geldautomaten abzuheben ist bei unserer Bank ohne zusätzliche Gebühren weltweit möglich – anders als bei Zahlungen mit Kreditkarte. Daher zahlen wir ausschließlich mit Bargeld. Wie gerechtfertigt eine Rechnungsbegleichung am Vorabend der Abreise ist, zeigte sich auch diesmal. Die Rezeption war nicht in der Lage, auf einen Schein herauszugeben, der einen Wert von umgerechnet etwa 26 € hat. Erst nach einer Sammlung bei mehreren Angestellten hatte man schließlich den größten Teil des Wechselgeldes zusammen. Wir können uns ausmalen, wieviel Zeit wir hätten verlieren können, wenn frühmorgens nur auf einen Bruchteil des Personals hätte zurückgegriffen werden können.

Um 8:00 Uhr war es schon ungewöhnlich warm. Wir kamen dank der ebenen Strecke und ohne Gegenwind gut voran und freuten uns über einen durchgängigen Seitenstreifen. Ein Problem stellen die vielen Lastwagen dar, die permanent auf der (rechten) Überholspur fahren und links überholt werden. Dabei sind die überholenden schnelleren Lastwagen und Busse es gewohnt, auch den Seitenstreifen zu nutzen. Wir hoffen, dass, wenn wir solche Situationen im Rückspiegel kommen sehen, es ausreicht, äußerst links zu fahren

Die Gegend ist ziemlich eintönig und es bieten sich nur wenige Fotomotive. In den Gebieten, die aus den zahlreichen Flüssen bewässert werden können, wird Reis angebaut. Waren es weiter im Süden noch Ziegen, dominieren hier Büffel; Rinder sehen wir hier nur noch selten. Ungewöhnlich sind auch große Flächen, die nicht – oder zumindest für uns nicht erkennbar – genutzt werden. Diese sind mit Sträuchern und niedrigen Bäumen bewachsen und der spärliche Bewuchs des Bodens deutet entweder auf Trockenheit oder extensive Beweidung hin. Wir passierten mehrere Ziegeleien. Die unterschiedlichen Stadien in denen sich deren Brennöfen befanden, erlaubten im wörtlichen Sinn tiefe Einblicke in den kunstvollen Aufbau, der mit Sicherheit einer großen Erfahrung bedarf.

Beim täglichen Telefonat mit Dagmars Mutter neben der Fahrbahn hielt auf der Gegenfahrbahn ein großer SUV der Autobahnpolizei. Mit eingeschaltetem Martinshorn querte er die Straße und zwei freundliche Polizisten erkundigten sich, ob sie uns helfen können. Sie waren sehr an unserer Reise und an unseren Rädern interessiert. Mit einer Empfehlung für unser Mittagslokal verabschiedeten sie sich, nicht ohne zahlreiche Selfies in allen Konstellationen und Hintergründen gemacht zu haben. Das Lokal war tatsächlich gut und wir sahen die Beiden noch einmal, als auch sie zum Mittagessen dort eintrafen. Jetzt wünschten auch wir uns ein Posing originaler Highway Polizisten mit unseren Rädern, dem sie gerne nachkamen.

Nach ca.75 km erreichten wir die drei Unterkünfte, die das Ende der heutigen Etappe markieren sollten. Die machten jedoch keinen einladenden Eindruck und der kleine Ort reizte nicht, dort einen Ruhetag zu verleben. Obwohl Dagmar sich, die Krankheit steckte ihr noch in den Knochen, gerne bereits dort ausgeruht hätte, entschlossen wir uns daher, zum nächsten größeren Ort zu fahren. In einer größeren Stadt hofften wir zudem, die von der indischen Bundesregierung eingeführte und zum Ende des Monats greifende Pflicht zur Bestätigung der Anmeldedaten von Mobilfunkverträgen in einem Shop des Mobilfunkdienstleisters (Airtel) durchführen lassen zu können.

Die POI des Navigationssystems listen lediglich einige Hotels auf. Über deren Qualität geben sie jedoch keine Auskunft. Wenn wir Glück haben, sind die Hotels bei Booking.com gelistet oder besitzen Internetauftritte, die es erlauben, den Standard abzuschätzen. Das war beim heute zunächst angefahrenen Hotel am Ende der verlängerten Etappe nicht der Fall. Es hat zwar große Zimmer, in die wir sogar unsere Räder hätten mitnehmen können; bei der Anzahl von Hotels, die Nellore besitzt, hofften wir jedoch, etwas Besseres zu finden. In solchen Situationen bietet es sich an, in einer Arztpraxis, Apotheke, einem besseren Büro oder wie jetzt bei einem Optiker zu fragen, ob man eine Unterkunft empfehlen kann, die unseren Wünschen entspricht. Hilfsbereit kamen bisher alle Angesprochenen unserem Wunsch nach.

Auf dem Weg zur neuen Unterkunft stießen wir auf den Shop des von uns genutzten Mobilfunkanbieters. Da formale Prozesse sich in Indien erfahrungsgemäß über mehrere Tage hinziehen können, nahmen wir die Gelegenheit wahr und versuchten dort die Verifikation durchführen zu lassen oder wenigstens anzustoßen. Zunächst behauptete man, wir müssten in einen andern Shop. Die Taktik kennen wir bereits und prophezeiten, dass man dort versuchen würde, uns wieder zurückschicken. Außerdem machten wir darauf aufmerksam, dass die Nachricht des Providers ausdrücklich auf den nächstgelegenen Shop verweist. Als nächstes versuchte man uns zu erklären, dass für die Verifikation eine indische Passnummer erforderlich sei. Die von Diez aufgezeigte Konsequenz, dass dann kein Ausländer ab April mehr in der Lage sei, sein Mobiltelefon mit einer indischen SIM-Karte zu nutzen, wollte man dann doch nicht bestätigen. Weiterhin half uns die Nachricht des Providers, die für Ausländern als Voraussetzung zur Verifikation lediglich die Vorlage von Pass und Visum nennt. Als man merkte, dass Diez beharrlich auf der Verifikation in diesem Shop bestand, telefonierte man mit einem Vorgesetzten. Auch der versuchte es mit der Notwendigkeit einer indischen Passnummer. Dann reichte es Diez und er verlangte nach dem Namen und kündigte an, herauszufinden, wer lügt, der Gesprächspartner oder Airtel in der SMS, denn beide Aussagen widersprachen sich. Der Vorgesetzte bat um fünf Minuten. Kurz darauf betrat er den Laden und stellt sich als Repräsentant von Airtel vor. Er scheint uneingeschränkte Autorität zu haben, denn auf ein Handzeichen verstummten alle anderen Mitarbeiter des Shops und nahmen ihre Plätze ein. Er versprach Diez, nachdem er den Inhalt der von Airtel versandten SMS gelesen hatte, bis zum Geschäftsschluss eine Lösung gefunden zu haben und bat um Verständnis, dass die Verifikation von Verträgen mit Ausländern ungewöhnlich sei und er sich erst selbst informieren müsse.

Über diese Aktion war es dunkel geworden und erstmalig auf unserer Reise mussten wir mit Licht fahren. Viele Inder werden wohl erstmalig in ihrem Leben Licht an einem Fahrrad gesehen haben, was ihre Rad fahrenden Landsleute nicht davon abhält, auf den unbeleuchteten Straßen auch bei vollständiger Dunkelheit ohne Licht Rad zu fahren. Es waren wieder Spuren zu wechseln und Straßen mit einem nicht enden wollender Strom von Autos, Tuk-Tuks und Scootern zu überqueren. Ampeln gibt es hier nicht (sie würden wohl auch nicht beachtet) und die einzige Möglichkeit, hier sein Ziel zu erreichen, besteht darin, wie die Tuk-Tuk-Fahrer mit Handzeichen anderen Verkehrsteilnehmern zu signalisieren, dass man sich quer zu ihm bewegt – und darauf zu setzten, dass die anderen es nicht auf einen Unfall ankommen lassen. Eine Prämisse, auf die wir uns in Deutschland nicht verlassen würden.

Das vom Optiker empfohlene Hotel ist gut und wir verspürten keine große Lust, uns nach 110 km und im Dunkeln nach weiteren Hotels umzusehen, obwohl der Preis auch nach dem Herunterhandeln noch über der Spanne liegt, die wir üblicherweise bereit sind, zu zahlen.

Mit dem Tuk-Tuk ließ sich Diez rechtzeitig vor Geschäftsschluss zurück zum Airtel-Laden bringen. Stolz zeigte man uns ein Formular für die Provider im Internet, über das Airtel die Verifikation vornehmen könne. Dazu muss ein einmal vergebenes, nur kurz gültiges Passwort, das mittels SMS an das Mobiltelefon geschickt wird, in das Formular eingetragen werden. Doch statt der Bestätigung erschien nach Eingabe des Passwortes der Hinweis, eine Verifikation sei derzeit nicht erforderlich. Eine, wenn man sie nicht gutwillig interpretiert, triviale Aussage, denn dass wir noch bis zum 31. März ohne Verifikation telefonieren können, war uns bekannt. Wieder wurde telefoniert und man versicherte uns, dass Ausländer auch nach dem 31. März die SIM-Karte nutzen können und man uns informieren würde, wenn sich etwas ändern würde.

Aufnahmedatum 06/03/2018

NIcht immer haben unsere Frühstückslokale Stampfboden

NIcht immer haben unsere Frühstückslokale Stampfboden  Wo?Nach Rechtsklick
außerhalb öffnen

Aufnahmedatum 13/03/2018

Unterkünfte

28.02.2018 01:10
28.02.2018 01:10
03.03.2018 12:37
03.03.2018 12:37
14.03.2018 13:38
14.03.2018 13:38
16.03.2018 11:38
16.03.2018 11:38