2020/06/23, Tag 1.849 (5a 22d),
Teilstrecke: 0 km,
Gesamtstrecke: 31.560,0 km

Inzwischen sind wir gut in Hannover angekommen. Für den Transport zum Flughafen hatten wir einige Tage zuvor auf der Straße den Fahrer des Transporters eines Taxiunternehmens angesprochen und die Abholung vereinbart. Obwohl wir sichergestellt hatten, dass im Transporter ausreichend Platz für die Kartons ist, hatten wir den Abholtermin so früh gelegt, dass wir bei Nichterscheinen des Fahrers oder sonstigen Schwierigkeiten noch eine Alternative hätten nutzen können, ohne den Flug zu verpassen. Es lief jedoch alles glatt und wir mussten im Flughafen sogar auf die Öffnung des Check-in warten. Nach der Information von Lufthansa sollte Virgin Australia als Gesellschaft, die den ersten Flug durchführte, die etwas 500 € für die beiden „Standard Sportgepäck“-Kartons einziehen. Obwohl wir dies beim Check-in erläuterten, forderte man lediglich einen sehr viel geringeren Betrag und stellte in Aussicht, dass die anderen beteiligten Gesellschaften weitere Übergepäckgebühren fordern könnten. Spannend war es, mitzuverfolgen, für welchen Wert sich die zwischen 32,0 kg und „Overload“ schwankende Gepäckwaage letztlich entscheiden würde. Es zeigte sich, dass wir nicht nur das maximal zulässige Volumen, sondern auch das zulässige Gewicht jedes Gepäckstücks vollständig ausgereizt hatten. Etwas Sorge hatten wir, dass man den Inhalt der Fahrradkartons überprüfen würde. Dann wäre aufgefallen, dass außer dem Fahrrad noch jeweils etwa 12 kg sonstige dem Fahrrad zuzuordnende Teile in den Kartons waren, was möglicherweise nicht als „Standard Sportgepäck“ akzeptiert worden wäre. Das Öffnen der Kartons blieb uns erspart und man begnügte sich damit, eine Art Ministaubsauger durch eine in den Karton geschnittene kleine Öffnung zu stecken, um die Probe auf Sprengstoffspuren zu untersuchen. Wenigstens waren wir zufrieden, dass man die Annahme unserer Gepäckstücke nicht verweigerte, weil z. B. Gewichtsgrenzen überschritten wurden. Überrascht waren wir, als man uns eröffnete, wir hätten in Sydney das Gepäck in Empfang zu nehmen und im internationalen Terminal erneut aufzugeben. Auch die vorsorgliche ausgedruckte Information von der Webseite des Flughafens in Sydney, die ein Durchchecken des Gepäcks zusichert, half nicht. Wegen Corona hätte der Ablauf geändert werden müssen, erklärte man uns.

Der Abflug hätte um 11:15 Uhr erfolgen sollen. Da sich jedoch die Maschine aus Sydney – wie wir später erfuhren, aufgrund technischer Probleme – verspätete, verzögerte sich unser Abflug bis 13:30 Uhr. Das beunruhigte uns nicht, denn unser Aufenthalt in Sydney sollte ursprünglich gut acht Stunden betragen. In Sydney mussten wir unsere schweren und großen Kartons mit dem Bus vom Domestic zum International Terminal bringen. Nach dem Bustransfer erfuhren wir wieder die Hilfsbereitschaft der Australier: Für den Transport des Gepäcks von der Bushaltestelle zum Check-in stand uns nur ein Trolley zur Verfügung. Dagmar wartete daher zunächst mit der Hälfte unseres Gepäcks an der Haltestelle, während sich Diez mit der anderen Hälfte auf den Weg machte. In die Check-in-Halle kam er nur, nachdem es sich anhand des Passes und Tickets als Passagier ausgewiesen hatte. Die Zollbeamten fragte er, wie er es bewerkstelligen könne, später noch Dagmar mit dem Rest des Gepäcks abholen zu können. Ohne lange zu überlegen begleitete ihn daraufhin einer der Beamten die nicht unerhebliche Strecke zum Check-in, Diez musste dort mit seiner Gepäckhälfte warten, da unbegleitetes Gepäck sofort Bombenalarm ausgelöst hätte. Der Mann ließ sich Trolley, unseren Flugschein und Dagmars Namen geben und holte Dagmar mit dem Restgepäck ins Terminal.

Beim Check-in passierte das, was wir vorausgesehen hatten. ANA (All Nippon Airways), die Gesellschaft, die den nächsten Flug durchführte, teilte uns mit, dass Virgin Australia nicht berechtigt gewesen wäre, die 270 AUD für das Standard Sportgepäck einzuziehen. Wir müssten die umgerechnet 500 € an ANA zahlen und uns die 270 AUD von Virgin Australia zurückerstatten lassen. Wir hatten Glück, es mit einer japanischen Fluggesellschaft zu tun zu haben. Die Mitarbeiter am Check-in waren, wie alle Japaner, denen wir bisher begegneten, extrem höflich und zurückhaltend. Das verbat ihnen wohl, umgehend unsere bestimmt vorgetragene Forderung zurückzuweisen, sie sollten sich um eine Lösung kümmern, denn wir hätten nicht vor, von Deutschland aus um die Rückerstattung von einer unter Gläubigerschutz stehenden Fluglinie zu kämpfen. Es folgten auf der Seite von ANA zahlreiche Gespräche mit den Kollegen vor Ort und einige Telefonate, bis man uns anbot, lediglich die Differenz zwischen den 500 € und den bereits bezahlten 270 AUD zu zahlen. Damit waren wir einverstanden. Auch die Gepäckwaage beim Einchecken in Sydney zeigte keine unzulässigen Werte und unser Gepäck wurde diesmal bis Hannover durchgecheckt. Auffällig war, dass man bei der Sicherheitskontrolle wohl vorwiegend auf das Sprengstoffspürgerät vertraut. Der Rucksack mit zahlreichen elektrischen Geräten, Laptop und Tablet musste nicht ausgepackt werden und selbst die gefüllte Wasserflasche in einer Außentasche am Rucksack konnte nach dem Durchleuchten und der Auswertung des Filterstreifens vom Miniaturstaubsauger im Sprengstoffdetektor unbeanstandet passieren.

Gegen 20:55 Uhr startete pünktlich der mit 9:35 Stunden angesetzte Flug nach Haneda, dem internationalen Flughafen von Tokyo. Wir konnten relativ viel schlafen. Auf dem Flug herrschte für uns erstmalig überhaupt Maskenpflicht. Japan erreichten wir gegen 5:30 Uhr Ortszeit. Auf dem 2018 noch mit 87,1 Millionen Passagiere fünftgrößte Flughafen der Welt herrschte gähnende Leere, leere Gänge, geschlossene Läden und nur ganz wenige Stände, an denen man Essen und Trinken kaufen konnte. Entsprechend leer und ruhig waren die Bereiche mit den bequemen Liegesesseln, in denen wir die Zeit bis zum Abflug nach Frankfurt um 14:05 Uhr verbrachten. Die Flugzeit nach Frankfurt war mit 12:20 Stunden angesetzt. Auf diesem von Lufthansa durchgeführten Flug wurde nur jeder zweite Sitzplatz belegt, was uns etwas bequemer schlafen ließ. Gegen 19:00 Uhr Ortszeit waren wir nach gut neun Monaten wieder in Deutschland. Auch der Flughafen in Frankfurt zeigte sich ungewohnt ruhig. Die meisten Geschäfte und Restaurants waren hier ebenfalls geschlossen. Wir mussten uns die Nacht um die Ohren schlagen, denn unser Flug nach Hannover sollte erst am nächsten Morgen um 9:05 Uhr starten. Normalerweise hätten wir einen Zug nach Hannover genommen und wären deutlich früher angekommen. Doch wegen unseres Gepäcks hätten wir keinen ICE nehmen können. Frankfurt erwies sich als sehr unfreundlich gegenüber Passagieren mit längerem Aufenthalt: Anders als auf dem Flughafen von Haneda wird dort mit entsprechend gestalteten Armlehnen alles unternommen, um ein Schlafen über mehrere Sitze zu verhindern. Erst nach längerer Suche fanden wir in der Etage über dem Eingang zum Terminal B einen „Ruhebereich“, der dies mit etwas Improvisation ermöglichte. Glücklicherweise hatten wir es uns dort rechtzeitig bequem gemacht, denn später wies ein Schild diesen Bereich als geschlossen aus.

Der Flug nach Hannover startete pünktlich und mit uns flogen lediglich fünf andere Passagiere. Vielleicht ist es diesem Umstand zu verdanken, dass nach der Ankunft der Zoll nicht besetzt war. Etwas Sorge hatten wir uns gemacht, denn im Zuge der Kommunikation mit dem Zoll anlässlich des zunächst vorgesehenen Transports unseres Übergepäcks als Fracht, hatte man uns mitgeteilt, dass wir Zoll zu entrichten hätten, da unsere Fahrräder vor mehr als drei Jahren aus der EU ausgeführt worden waren und jetzt als sog. „Rückware“ zu betrachten seien. Diez musste nach Studium des einschlägigen Regelwerks diesmal einsehen, dass diese für uns nach wie vor unverständliche Regelung wohl rechtens ist. Wer sein in Deutschland gekauftes Fahrrad also z. B. 16 Jahre nutzt, hat die Chance, es bis zu fünfmal bei der Wiedereinreise in die EU verzollen zu müssen – ein Umstand, der wohl den wenigsten Langzeiturlaubern bewusst ist. Diesmal jedenfalls blieben uns Diskussionen mit dem Zoll erspart und um bei der nächsten Wiedereinreise in die EU wenigstens nachweisen zu können, wann wir die Räder ausgeführt haben, werden wir uns beim nächsten Verlassen der EU vom Zoll auf jeden Fall eine sog. Nämlichkeitsbescheinigung ausstellen lassen. Wie könnten wir andernfalls z. B. nachweisen, dass z. B. eine bei der Wiedereinreise mehr als drei Jahre alte Kamera während des fraglichen Zeitraums nicht im Ausland gelagert war, selbst wenn man zwischenzeitlich nachweislich selbst in der EU war.

Da nicht jedes Taxi in der Lage gewesen wäre, unsere großen Fahrradkartons zu transportieren, hatten wir bereits aus Brisbane einen geeigneten Van bestellt. Der Fahrer wartete mit unserem Namensschild am Ausgang und gegen 10:30 Uhr kamen wir bei unseren Freunden in Hannover an. Die Fahrradkartons konnten wir bis zum Zusammenbau in einer ihrer Garagen lagern. Bei einem Discounter versorgten wir uns für das zweite Frühstück, konnten endlich duschen und freuten uns auf das Schlafen in einem Bett.

Spannend war die Klärung der Frage, ob wir uns nach der Rückkehr in Quarantäne hätten begeben müssen. So eindeutig, wie es sich in der Berichterstattung der Presse zum Beschluss des OVG Lüneburg vom 11.05.2020 las, ist die Sache nicht. Die „Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus“ war zwar für die Fassung, die am 8. Juni in Kraft trat, angepasst worden, doch sieht diese für Personen, die in die EU einreisen, nur dann eine Befreiung von der Absonderungspflicht vor, wenn das RKI (Robert Koch-Institut) festgestellt hat, dass die Ansteckungsgefahr im Ursprungsland gering ist. Zunächst beruhigte uns diese Aussage, denn die Ansteckungsgefahr ist in Australien so gering wie in kaum einem anderen Land. Es fehlte daher lediglich noch die entsprechende Bestätigung des RKI und genau an der haperte es, denn das RKI lässt in seinem Webauftritt verlauten: „… Seit dem 10.4.2020 weist das Robert Koch-Institut keine internationalen Risikogebiete … mehr aus.
“… Sollte Niedersachsen dieser Umstand entgangen sein? Und das, nachdem die Verordnung bereits einmal als verfassungswidrig kassiert worden war? Aber wofür sind wir rechtsschutzversichert? Nach Telefonaten mit den dortigen Anwälten wurde uns die Kostenübernahme eines Normenkontrolleilverfahrens zugesichert und wir erhielten zwei Telefonnummern von Kanzleien mit Vertretungsberechtigungen beim OVG. Es war jedoch nicht unser vorrangiges Interesse, Rechtsgeschichte zu schreiben, sondern lediglich, nicht in Quarantäne zu müssen. Daher wurde nochmals das Urteil analysiert. Das Gericht würdigte darin nicht nur die Möglichkeit, durch die vermeintliche Einschätzung des RKI den Kreis der Personen einzuschränken, die sich abzusondern hätten, sondern auch die in § 5 Abs. 11 der o. g. Verordnung vorgesehene Möglichkeit, sich auf begründeten Antrag von der Quarantänepflicht befreien zu lassen. Wir befürchteten, vom Gericht genau auf diese Möglichkeit hingewiesen zu werden und dass uns vorgeworfen würde, wir hätten zunächst auch diese Möglichkeit ausschöpfen müssen. Obwohl wir nicht erwarteten, dass ein Befreiungsantrag rechtzeitig beschieden würde, wollten wir diese Option nicht ungenutzt lassen – und sei es nur, um nachzuweisen, dass wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatten. Also haben wir sorgfältig einen mit zahlreichen glaubwürdigen Quellenangaben begründeten Antrag ausgearbeitet und an das zuständige niedersächsische Gesundheitsamt gesandt – nicht ohne eine „goldene Brücke“ zu bauen: Es wurde nahegelegt, uns mitzuteilen, dem Gesundheitsamt sei eine von der Verordnung vorgesehene Feststellung des RKI bekannt, die Ansteckungsgefahr in Australien sei gering. Wir baten um zügige Rückmeldung, um ggf. umgehend das Normenkontrolleilverfahren einleiten zu können. Nur wenige Stunden später erreichte uns die Nachricht des Gesundheitsamtes, wir könnten uns auf eine andere Quelle beziehen, nach der in Australien „die Zahl der in den letzten 7 Tagen neu gemeldeten Fälle von Corona Infektionen nicht höher ist als 50 Fälle/100.000 Einwohner“ sei und damit sei eine Absonderung nicht erforderlich. Das entspricht zwar nicht den Anforderungen der Verordnung, die explizit eine Feststellung des RKI verlangt, genügte uns jedoch, uns gegen eine Strafe wegen Verstoßes gegen die Absonderungspflicht geschützt zu fühlen. Dass das Gesundheitsamt u. E. mit dem angeführten Kriterium die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet, sei nur nebenbei bemerkt: Für das Ansteckungsrisiko in einem Land ist die Zahl der gemeldeten Fälle nicht allein entscheidend; es kommt z. B. auch darauf an, dass genügend mit zuverlässigen Verfahren getestet wird und politisch motivierte Manipulationen ausgeschlossen sind. Nach der Auslegung des Gesundheitsamtes wären sogar Personen, die einem extrem hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt gewesen wären von der Absonderungspflicht befreit, solange nur die gemeldeten Ansteckungszahlen gering genug sind, unabhängig davon, ob diese aussagekräftig sind.

Derzeit kurieren wir wohl bereits latent in Australien vorhandene Erkältungen aus, die jedoch erst durch die Belastungen der Reise zum Ausbruch gekommen waren. Erst wenn für Dagmars Mutter keine Gefahr der Ansteckung mehr besteht, werden wir zu ihr fahren.

Die Fahrräder haben wir zwischenzeitlich nach Gehrden zum Händler, bei dem wir sie gekauft hatten, gebracht, um die Dichtungen der Rohloff-Naben erneuern zu lassen. Wenn wir die Fahrräder wiederhaben, werden wir nach mehr als vier Monaten wieder Fahrradtouren unternehmen können.

Aufnahmedatum 08/06/2020

Denkmal auf dem King George Square in Brisbane

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Die Kathedrale am King George Square wirkt verloren neben den Hochhäusern

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Die Brisbane City Hall

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Aufnahmedatum 12/06/2020

Unser Aufgabegepäck, gewichts- und volumenoptimiert

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Unsere Fahrradkartons, jeweils an der Gewichtsgrenze von 32 kg

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Aufnahmedatum 13/06/2020

Der letzte Blick auf Brisbane

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Aufnahmedatum 14/06/2020

Der Fuji beim Anflug auf Tokyo

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Nieselregen in Japan

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Der fast menschenleere Flughafen Haneda

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Unser Flug auf der Anzeigetafel, der einzige nicht gestrichene

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Aufnahmedatum 15/06/2020

Die letzte Etappe einer langen Reise

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Unterkünfte

14.06.2020 13:32
14.06.2020 13:32
14.06.2020 23:57
14.06.2020 23:57
09.10.2023 13:21
09.10.2023 13:21
12.10.2023 15:47
12.10.2023 15:47