Um 4:00 Uhr Ortszeit landeten wir in Goa. Nachdem wir unser Gepäck und die Räder entgegengenommen hatten, mussten die Räder wieder fahrbereit gemacht werden. Erleichtert stellten wir fest, dass Fahrräder und Taschen den Transport ohne Schaden überstanden hatten. Gegen 6:00 Uhr waren die Räder wieder gepackt und wir freuten uns auf das neue Land. Für die von uns jetzt nicht mehr benötigten Plastiktaschen und die Taschen des Handgepäcks fanden wir dankbare Abnehmer und wurden von den vielen interessierten Zuschauern herzlich verabschiedet.
Obwohl wir Goa bereits von zwei vorherigen Reisen kannten, war der erste Eindruck nach dem Verlassen des Flughafens überwältigend. Zum einen war es nicht mehr so heiß wie im Süden Irans und den Emiraten, zum anderen empfing uns ein sattgrünes Land. Nach vielen Wochen, die wir in den trockenen, wüstenähnlichen Regionen der Türkei und des Irans verbracht hatten, eine Augenweide und ein Kontrast, wie er stärker nicht seien könnte. Die Gerüche, die Vegetation, die typischen Autos, die Sprache, all das vermittelte uns das Gefühl, an einen vertrauten, liebenswerten Ort zurückgekommen zu sein. Konzentration ist dennoch gefragt bis wir den Linksverkehr verinnerlicht haben.
Diez hatte eine kurze, nach Süden führende Strecke vorgesehen. Wir wollen nochmals Galgibag im Süden Goas besuchen, das vom Flughafen nach etwa 68 km zu erreichen ist. Auf dem Weg dorthin erstreckt sich ein 25 km langer Sandstrand, den wir diesmal kennenlernen wollen. Von der Straße nach Süden zweigen Stichstraßen ab, die zu den Strandabschnitten führen. In den kleinen Siedlungen, die über diese Stichstraßen erreicht werden können, finden sich zahlreiche Privathäuser, die Zimmer vermieten. Anders als in den nur spärlich besiedelten Gegenden der Türkei oder Irans war es daher nicht erforderlich, sich im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, in welcher Unterkunft wir unterkommen können. Beim dritten Abstecher Richtung Strand stießen wir zunächst auf den Heritage Village Club Goa. Die Anlage machte einen guten Eindruck und schien vorwiegend von Indern genutzt zu werden, was ein gutes Preis-Leistungsverhältnis erwarten lässt. Die etwa 108 € für die Übernachtung und das Frühstück waren uns dann doch zu viel. Auf dem Weg durch einen lichten Palmenwald zurück zur Hauptstraße fanden wir in der Nähe ein ruhig gelegenes Haus, an dem ein Schriftzug darauf hinweist, dass hier Zimmer angeboten werden. Die etwa 80 qm große Wohnung mit klimatisiertem Schlafzimmer, Küche und Bad für knapp 16 € die Nacht entspricht eher unseren Vorstellungen. Zwei in unmittelbarer Nähe befindliche Lokale, die nur von Einheimischen besucht werden und die nicht versuchen, den vermeintlichen Geschmack von Touristen zu treffen, komplettieren unser Glück. Das leckere Frühstück, das wir bereits genossen haben, lässt jedenfalls viel erwarten. Nach unseren ersten 20 km auf dem Fahrrad in Indien hatten wir damit die Unterkunft gefunden, in der wir uns einige Tage ausruhen wollen.
Nach dem leckeren Frühstück richtete Dagmar die Unterkunft ein und Diez machte sich umgehend auf den Weg, eine SIM-Karte zu kaufen, mit der wir Zugang zum Internet und über Skype zum deutschen Telefonnetz erhalten. Schließlich wollten wir nicht, dass sich Dagmars Mutter Sorgen um uns macht, wenn sie in dieser spannenden Phase zu lange auf eine Nachricht warten muss und nach den Erfahrungen im Iran wissen wir, dass es sich hinziehen kann, bis wir wieder online sind.
Indien ist voll von auf Hauswände gemalter Werbung der Mobilfunkanbieter. Es gibt auch unzählige Shops, die Mobilfunkverträge verkaufen – die meisten von denen sind jedoch nicht legitimiert, Verträge mit Ausländern abzuschließen. In den Shops des nur etwa 1 km entfernten lokalen Marktes wurde Diez daher noch nicht fündig. Man riet ihm, ins größere, etwa 13 km entfernte Margao zu fahren, dort gäbe es die Zweigstellen der Mobilfunkgesellschaften, die SIM-Karten an Ausländer verkaufen dürfen. Der Aussage vertrauend, jeder in Margao würde wissen, wo diese Geschäfte zu finden sind, machte sich Diez auf den Weg. Ganz so bekannt scheinen diese Geschäfte nicht zu sein, denn nachdem Diez diversen widersprüchlichen Wegbeschreibungen gefolgt war, kennt er sich inzwischen gut in Margao aus. Nach langem Umherirren fand er schließlich die zuständige Vertretung von Vodafone. Dort teilte man ihm mit, man habe derzeit keine SIM-Karten und er möge es doch in der nächsten Woche nochmals versuchen. Die Suche ging also weiter. Der nächste Anbieter hatte zwar SIM-Karten, wollte jedoch Name, Anschrift und Telefonnummer einer indischen Referenzperson, z. B. des Vermieters. Damit konnte Diez natürlich erst dienen, nachdem er zur Unterkunft zurückgefahren war. Doch noch immer konnte der Vertrag nicht geschlossen werden. Man teilte ihm erst nach seiner Rückkehr mit, dass noch ein Passbild fehle. Das hätte er aus dem reichen Fundus, der in der Unterkunft lagert, mitbringen können – wenn man ihm dieses Erfordernis rechtzeitig mitgeteilt hätte. Nochmals zurückzufahren, hätte zu lange gedauert und so machte sich Diez auf die Suche nach einem Studio, in dem er ein Passfoto erstellen lassen konnte. Der einzige Fotograf in akzeptabler Entfernung machte Mittagspause, sodass Diez erst gegen 16:30 Uhr das gewünschte Passbild hatte. Bis die Karte mit Hilfe der sehr bemühten und hilfsbereiten Mitarbeiter des Shops freigeschaltet war, dauerte es noch etwa zwei Stunden. Der gesamte Aufwand und die 50 km, die zur Beschaffung der SIM-Karte zusätzlich gefahren wurde, sind allein schon durch die Freude gerechtfertigt, die wir Dagmars Mutter mit der Mitteilung bereitet haben, dass wir gut in Goa angekommen sind. Diez war froh, als er nach wenig Schlaf in den letzten beiden Tagen und nach den 75 km des heutigen Tages endlich die seit Bandar Abbas nicht gewechselten Sachen zum Duschen ablegen konnte. Nach einem schmackhaften indischen Abendessen gleich nebenan fielen wir um 20:00 Uhr sehr müde ins Bett.
Aufnahmedatum 06/09/2017
Das nördliche Ende des 25 km langen Sandstrands in Goa Wo?Nach Rechtsklick
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