2017/09/05, Tag 827 (2a 3m 4d),
Teilstrecke: 29,6 km,
Gesamtstrecke: 12.914,1 km

Nach einer Nacht mit unerwartet viel Schlaf erreichten wir Schardscha sehr viel später als geplant. Nach dem Anlegen mussten wir nochmals lange warten, bis wir das Schiff Richtung Immigration verlassen durften. Uns wurde mitgeteilt, dass erst das Büro besetzt werden müsse. Wir fragen uns, ob Passagieren von Kreuzfahrtschiffen auf dem Weg in die Shoppingmalls gleiches zugemutet wird.

Auch für die Vereinigten Arabischen Emirate benötigt man ein Visum. Das erhalten EU-Bürger jedoch unkomplizierter als solche für die meisten anderen Länder. Ohne auch nur ein einziges Formular ausgefüllt zu haben, erhielten wir ein kostenloses Touristenvisum für 30 Tage. Erst gegen 13 Uhr waren alle Einreiseformalitäten erledigt und es war bereits entsprechend heiß. Wir hatten, als wir von der frühen geplanten Ankunftszeit der Fähre erfahren hatten, gehofft, dass wir die etwa 26 km bis zum Flughafen von Dubai bei noch nicht so extremen Temperaturen hätten zurücklegen können. Die Emirate sind ausschließlich für den Autoverkehr ausgelegt und Dubai gilt als die fußgängerunfreundlichste Stadt.

Man kann sich kaum einen größeren Unterschied zum Iran vorstellen. Die Autos sind groß, neu und teuer. So viele Porsche Cayenne hatten wir sonst nirgendwo gesehen. Man wohnt in großen Villen, die von großen, umzäunten Gärten umgeben sind. Grünwald wirkt dagegen fast wie ein Armenviertel. Und es gibt extravagante, monströse Hochhäuser. Die Straßen sind untadelig und erscheinen überdimensioniert. Abseits der Gärten und Straßen gibt es ausschließlich Sand – wie man sich eben eine Wüste vorstellt. Gegenüber Bandar Abbas ist die Temperatur nochmals erhöht. Der Wind fühlt sich an, als käme er aus einem großen Fön auf höchster Stufe und selbst der Anstieg an einer Überführung führt zu einer deutlichen weiteren Steigerung der Schweißproduktion. Die Tagestemperaturen liegen zurzeit zwischen 42 und 48 Grad. Der Wetterbericht gibt die gefühlten Temperaturen je nach Luftfeuchtigkeit mit 50 bis 55 Grad an. Durch die hoch am Himmel stehende Sonne spenden die Hochhäuser entlang der Straßen nur selten Schatten. Dagmar machte die Hitze sehr zu schaffen. Sie dehydrierte schnell und konnte dagegen nicht antrinken. Entsprechend häufig machten wir Pause.

Wir hatten im Reiseführer gelesen, dass die Autofahrer hier keine Erfahrung mit Radfahrern hätten und man entsprechend vorsichtig sein solle. Daher überraschte es uns, als uns auf unserer Straßenseite viele Rad fahrende Inder entgegenkamen. Dabei wirkten sie völlig entspannt und als sei ihnen jegliches Unrechtsbewusstsein fremd. Man könnte vermuten, sie wollten auf diese Weise im Alleingang den Linksverkehr ihres Heimatlandes in den Emiraten durchsetzen. Für uns mit den breit gepackten Tourenrädern wurde es eng und mehrmals mussten wir weit in die Straßenmitte ausweichen.

Der Hinweis auf einen unsere Strecke zum Terminal abkürzenden Tunnel, der unter den Start-und Landebahnen verläuft, verführte uns, vom Streckenvorschlag unseres Navigators abzuweichen. Erst unmittelbar vor dem Tunneleingang verbietet ein Schild das Befahren mit dem Fahrrad. Die zusätzlichen Kilometer waren wegen der Hitze besonders ärgerlich. Der letzte Abschnitt der Flughafenautobahn verlangte nochmals volle Konzentration, denn wir mussten einige Male die Spur wechseln und über Einmündungen drängten Autos von rechts auf unsere Spur. Die Preise für Benzin sind wie im Iran nicht durch Steuern und Abgaben auf das europäische Maß angehoben und wirken entsprechend in keiner Weise bremsend auf die Geschwindigkeit der Autos.

Erst gegen 15:30 Uhr erreichten wir den Flughafen von Dubai und konnten mit den Rädern in die klimatisierte Abfertigungshalle. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch immer nicht, ob überhaupt eine Fluglinie bereit war, unsere Räder als aufgegebenes Gepäck zu transportieren. Als Rückfallposition hätten wir einen Spediteur beauftragen müssen, unsere Räder nach Indien zu transportieren – mit den Konsequenzen für den terminlichen Ablauf. Noch hatten wir die Hoffnung, im günstigsten Fall noch heute nach Goa fliegen zu können. Daher machte sich Diez sofort auf die Suche nach Ansprechpartnern der Airlines, die Flüge nach Goa anbieten. Am Schalter von Jet Airways, die über Mumbai nach Goa fliegen, erfuhr er, dass der Transport unseres Übergepäcks mit dieser Gesellschaft sehr teuer geworden wäre.

Zu dem Zeitpunkt gab es keinen Check-in für Flüge von Air India, sodass wir uns dort nicht erkundigen konnten. Die Dame in der Information des Terminals versuchte, die von Diez gewünschten Informationen telefonisch von Air India zu erfragen, scheiterte jedoch daran, dass dort niemand abnahm. Damit wollte sich Diez nicht abfinden und ließ sich beschreiben, wo das Flughafenbüro von Air India liegt. Normalerweise hätte man ihm diese Information vorenthalten müssen, denn wie sich herausstellte, hat das Büro normalerweise keinen Publikumsverkehr. Vielleicht hätte er auch nicht zum Büro vordringen können, wenn nicht zwei Türen einen Spalt aufgestanden hätten. Entsprechend vorsichtig erläuterte Diez schließlich den dort angetroffenen Mitarbeitern von Air India unser Problem. Unsere guten Erfahrungen aus den bisher vier Urlauben in Indien erlaubten es ihm, den nationalen Stolz der Inder zu wecken. Man bemühte sich sichtlich, eine Lösung zu finden, wobei erschwerend hinzukam, dass die Maschine, die Goa direkt anfliegt, relativ klein ist, was die Maximalmaße des Gepäcks begrenzt. Vielleicht half der Smalltalk über die indische Küche und die kulturellen Schätze des Landes, dass sich schließlich die Büroleiterin in das Gespräch einmischte und entschied, dass die Fahrräder transportiert werden können – schließlich, so ihre Argumentation, würde man auch große Fernseher transportieren. Bei dem Preis für unser Übergepäck konnte man uns nicht entgegenkommen. Der lag jedoch durch eine günstige Regelung für die jeweils ersten 10 kg Übergepäck deutlich unter dem, den wir bei Jet Airways hätten zahlen müssen. Weitere erfreuliche Informationen waren, dass man die Gepäckanzahl nicht beschränkt und dass in der abendlichen Maschine noch Plätze frei wären.

Jetzt galt es, die Tickets zu kaufen. Die für den Ticketverkauf im Flughafen zuständige Agentur hätte etwa 100 € an Servicegebühren verlangt und daher riet Air India zum Besuch ihres Büros in der Innenstadt, das mit der Metro erreichbar sei. Langsam lief uns die Zeit davon, denn es waren bis dahin weder Rad noch Gepäck fürs Einchecken vorbereitet. Daher kam die Frage von Dagmar, ob nicht auch die Möglichkeit bestände, die Tickets im Internet zu erwerben, zur rechten Zeit. Öffentliche Internetterminals gibt es nicht im Flughafen und eine SIM-Karte, die uns in Dubai den Zugang zum Internet ermöglicht hätte, haben wir auch nicht. Flughafenmitarbeiter halfen uns jedoch, das auf dem Flughafengelände verfügbare Wi-Fi zu nutzen. Noch vor wenigen Tagen hatten wir zudem ein neues Verifikationsverfahren für unsere Kreditkarte, mit dem Einkäufe im Internet jetzt legitimiert werden müssen, beantragt und freischalten lassen – eine Voraussetzung für den Ticketkauf über das Internet. Es schien bis dahin alles glatt zu laufen.

Jetzt mussten die Räder vorbereitet werden: Die Pedale wurden abmontiert und zur Reduktion des Übergepäcks wie andere schwere, als Kabinengepäck zugelassene Teile in den Taschen der Jacke verstaut. Der Lenker wurde parallel zur Fahrtrichtung und die Bedienhebel am Lenker zu deren Schutz nach unten gedreht. Der Sattel wurde abgesenkt und die Rückspiegel demontiert. In Indien werden wir sie wegen des Linksverkehrs ohnehin auf die andere Lenkerseite setzen müssen. Wegen der nur schwer demontierbaren Halterungen unserer vorderen Gepäcktaschen hätte der Ausbau des Vorderrades nur wenig, dafür jedoch zusätzliche Schwierigkeiten bei der Sicherung des Vorderrades mit sich gebracht. Daher verblieb das Vorderrad im Rahmen. Selbst wenn die Forderung, die Luft aus den Reifen vollständig abzulassen, physikalisch nicht nachvollziehbar ist (die Reduktion um ein Bar würde vollständig ausreichen), kamen wir sogar dieser Forderung nach. So vorbereitet schützten wir kritisch Teile der Räder mit den sechs Metern Noppenfolie, die wir aus Bandar Abbas mitgebracht hatten. Die Zeit war inzwischen bereits so weit fortgeschritten, dass der Check-in für unseren Flug bereits geöffnet hatte. Nachdem wir unsere Gepäcktaschen mit der Hilfe von fast 100 m Klebeband in vier großen Plastiktaschen zu zwei größeren Paketen zusammengefasst hatten, teilte man uns am Check-in auf Nachfrage mit, dass es erforderlich sei, die Räder in Boxen aus Karton einzupacken. Diese Aufgabe erledigt ein vom Flughafen unabhängiges Team aus drei Personen, deren Tätigkeit normalerweise darin besteht, Koffer mit Hilfe einer Wickelmaschine durch viele Lagen einer Art stabilerer Frischhaltefolie zu schützen. Kartons, die groß genug sind, ein Fahrrad aufzunehmen, hat diese Truppe nicht. Mehrere kleinere Kartons wurden daher aufgeschnitten und kunstvoll mit Klebeband um die Räder drapiert. Zur Stabilisierung wurden die so entstandenen Kunstwerke noch mit der erwähnten Folie umwickelt. Was dabei herauskam sah nicht aus wie etwas, was die Annahmebedingungen am Check-in erfüllen könnte.

Die Packstation akzeptiert keine Kreditkarten und die beiden ATM des Terminals waren außer Betrieb. Obwohl wir noch mehr als eine Million iranischer Rial haben, hätte das nach Umtausch nicht ausgereicht, das Verpacken zu bezahlen (wenigstens können wir uns dadurch jetzt weiterhin als Millionäre fühlen). Glücklicherweise hatten wir noch ausreichend Euro, mit denen wir die erforderliche Summe eintauschen konnten.

Während der Einpackaktion hatte Dagmar mit dem sonstigen Gepäck in der Nähe des für unseren Flug zuständigen Check-in-Schalters gewartet. Sie begann, nervös zu werden, als sie der Mitarbeiter am Check-in fragte, wo denn die aufzugebenden Räder blieben, man wolle den Check-in schließen. Gerade noch rechtzeitig erschien Diez mit den verpackten Rädern beim Check-in. Die Annahme der Räder war aus Platzgründen nur am Check-in für die Business-Klasse möglich. Vielleicht verdanken wir es diesem Umstand, an einen Mitarbeiter geraten zu sein, der offensichtlich Mitleid mit uns hatte und uns half, den Preis fürs Übergepäck zu drücken. Beim Wiegen stellte sich heraus, dass wir trotz der Säuberungsaktion in Bandar Abbas noch immer mit insgesamt 109 kg Gepäck unterwegs sind. Der Mann rundete freundlicherweise auf 100 kg ab und ordnete dieses Gepäck nicht uns als Paar, sondern als Einzelpersonen zu, wodurch wir zweimal in den Genuss der günstigeren Regelung für die ersten 10 kg Übergepäck kamen.

Die Bordkarten werden erst nach Zahlung der Gebühr für das Übergepäck ausgegeben. Drohte jetzt die Reise nach Goa am heutigen Tag noch an der umständlichen und langsamen Vorgehensweise der Stelle, die die Zahlung annehmen soll, zu scheitern? Wir hatten diesen Eindruck, als man meinte, die Summe in zwei mit jeweils vielen begleitenden Papierbelegen verbundenen Teilzahlungsvorgängen einziehen zu müssen … wir wären ja schließlich auch zwei Passagiere. Die Personenkontrolle, auf die wir am Frankfurter Flughafen in der Vergangenheit schon 2,5 Stunden gewartet hatten, lag zu diesem Zeitpunkt – man hatte bereits mit dem Boarding begonnen – noch vor uns. Auch diese Hürde wurde trotz eines an Dagmars Gepäck vorgenommenen Tests auf Spuren von Sprengstoff gerade noch rechtzeitig genommen und wir beeilten uns, zum Gate zu gelangen. Glücklicherweise ließ das führerlose Schienenfahrzeug, das uns zum Gebäude mit den Gates brachte, nicht lange auf sich warten. Durch all die Verzögerungen war nicht mehr daran zu denken, sich gründlich zu waschen und die seit Bandar Abbas getragenen Fahrradsachen zu wechseln. Entgegen anderslautender Informationen im Internet hatten wir auch auf der Fähre keine Möglichkeit gehabt, zu unseren Rädern vorzudringen, um den Packtaschen die Kleidung zum Wechseln zu entnehmen.

Zeit, sich bewusst zu werden, wieviel Glück es bedurfte, trotz der vielen widrigen Umstände noch rechtzeitig das Flugzeug erreicht zu haben, hatten wir erst, als wir pünktlich Richtung Goa abhoben. Jetzt überwiegt die Vorfreude auf die Erholungsphase im ruhigen Goa, auf das südindische Essen und eine Dusche.

Die Flugdauer ist mit 3:10 Stunden angegeben. Es wird ein Abendessen serviert, sodass uns etwa 2 Stunden zum Schlafen blieben – nicht genug, uns von den Strapazen der letzten beiden Tage zu erholen.

Aufnahmedatum 05/09/2017

Unsere Fähre nach Schardscha

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