Boarding time für unseren Flug von Colombo nach Chennai war um 5:15 Uhr. Gegen 4:20 Uhr erschien auf den Anzeigetafeln die Informationen über die Check-in Schalter für unseren Flug. Das war für uns das Signal, die Sicherheitskontrolle für die Schalterhalle zu passieren. Nichtsahnend legten wir unsere „Boarding Confirmation“ am Check-in vor. Doch statt der erwarteten Bordkanten erhielten wir die Auskunft, dass wir nicht eingecheckt werden könnten, solange wir nicht auch eine Weiterreisebestätigung vorweisen könnten. Eine Weiterreisebestätigung in Form z. B. der Buchung eines Fluges von Indien in ein anderes Land hatten wir natürlich nicht. Wir wissen schließlich noch nicht, wie, wann, von wo und mit welchem Verkehrsmittel wir Indien verlassen werden. Auf Nachfrage nannte man uns als Grund für diese Forderung, dass die Fluggesellschaft ggf. die Kosten für den Rücktransport derjenigen Passagiere tragen muss, denen die Einreise nach Indien verweigert würde, sollte Indien auf einer Weiterreisebestätigung bestehen und diese nicht nachgewiesen werden können.
Schnell erkannten wir, dass Diskussionen mit den Mitarbeitern der Fluggesellschaft am Check-in fruchtlos wären und nur Zeit kosten, die wir nicht hatten, denn in etwa einer Stunde würde der Check-in schließen. Man riet uns, am Ticketschalter einen entsprechenden Flug zu buchen. Auf unseren Einwand, das wäre unverhältnismäßig, da wir die gebuchten Flüge nicht nutzen würden, teilte man uns mit, es würde auch die Vorlage eines entsprechenden Zugtickets genügen. Obwohl wir etwa 24 Stunden nicht geschlafen hatten, waren wir nach der Drohung, uns nicht befördern zu wollen, hellwach. Diez erinnerte sich daran, dass er in Reiseforen von Servicedienstleistern gelesen hatte, die anbieten, zum Weiterreisenachweis Flugtickets zu verkaufen, die kurz darauf storniert werden können und für die der Flugpreis ohne unvertretbare Stornierungsgebühren zurückerstattet wird.
Die SIM-Karte für Sri Lanka wies noch ein ausreichendes Datenvolumen auf und der Akku des Laptops hatte noch genug Kapazität. Also stellten wir uns an einen nahegelegenen Tresen; das Mobiltelefon wurde zum mobilen Hotspot und wir begaben uns ins Internet. Zunächst mussten die Links zu den Seiten der erwähnten Dienstleister wiedergefunden werden. Unter einem der Links war kein Internetauftritt mehr vorhanden. Unter dem anderen konnten wir eine entsprechende Buchung vorbereiten. Erst nach dem zeitaufwändigen Ausfüllen eines Formulars erhielten wir den Hinweis, dass zwar die Buchung des Fluges (inklusive der Abbuchung des Flugpreises) sofort vorgenommen werden könne, die für uns entscheidende Bestätigung jedoch erst während der normalen Geschäftszeiten versandt würde, zu einem Zeitpunkt also, an dem das Flugzeug bereits ohne uns gestartet wäre. Den Versuch, eine Weiterreise über Flugtickets bestätigen zu wollen, brachen wir daher ab.
Doch wie bucht man eine Busfahrt von Indien in ein Nachbarland und – noch wichtiger –, wie erhalten wir darüber umgehend eine belastbare Bestätigung? Schließlich fanden wir eine indische Buchungsseite, auf der Ausgangs- und Endpunkt der Busreise angegeben werden müssen. Um die Kosten gering zu halten, versuchten wir es zunächst mit Orten beidseits der indisch/nepalesischen Grenze, die wir in Google Maps fanden. Obwohl wir uns bemühten, bedeutendere Städte einzutragen, wurde unsere Anfrage erst akzeptiert, als wir es mit Delhi-Kathmandu versuchten. Immerhin eine zweitägige Fahrt für einen nicht unbedeutenden Preis. Da der jedoch unter den Kosten lag, die uns nach der Verweigerung einer Beförderung des heutigen Fluges entstanden wären, verzichteten wir angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der drohenden Schalterschließung auf die Suche nach günstigeren Alternativen. Vor Abschluss der Buchung mussten wir noch einen Account im Buchungsportal mit der üblichen Verifikation der E-Mail Adresse durch Beantwortung einer an diese Adresse gesandten Mail anlegen. Fast wäre diese Anmeldung an der ebenfalls anzugebenden Telefonnummer gescheitert. Diejenige unserer SIM-Karte für Sri Lanka wurde nicht anerkannt und erst als wir die Telefonnummer derjenigen für Indien eintrugen, wurde die Anmeldung akzeptiert. Die Autorisierung der Kreditkartenzahlung mit Hilfe des bereits für die Flugbuchung nach Goa auf dem Flughafen von Dubai hilfreichen Programms, dass auf dem Mobiltelefon ein Einmalpasswort generiert, funktionierte. Nach bangen Sekunden des Wartens wurde schließlich die ersehnte Buchungsbestätigung angezeigt. Mit dem geöffneten Laptop eilten wir zurück zum Check-in Schalter, an dem gerade die letzten Fluggäste abgefertigt wurden. Ein höherrangiger Mitarbeiter der Fluggesellschaft war bereit, die elektronische Buchungsbestätigung zu akzeptieren und wir erhielten endlich unsere Bordkarten.
Nach diesem aufregenden Teil unserer Reise waren wir froh, schließlich im Flugzeug zu sitzen. Der Start erfolgte pünktlich um 6:30 Uhr. Es war bereits hell, doch eine dichte Wolkendecke verhinderte, anders als während des Hinflugs, zunächst die Sicht auf Land und Meer.
Im gewohnt sonnigen Indien angekommen, verliefen die Einreiseformalitäten problemlos und so sind unsere nächsten 90 Tage in Indien gesichert. Wir haben uns vorgenommen, zukünftig bei grenzüberschreitenden Flügen frühzeitig in Erfahrung zu bringen, ob ein Wiederausreisenachweis verlangt werden könnte. Sollte das der Fall sein, würde es unsere Nerven schonen, wenn der nicht erst am Check-in eingeholt werden muss.
Wir freuten uns auf unser nicht weit vom Flughafen entferntes Hotel, wollten Frühstücken und endlich Schlafen. So reibungslos wie gedacht, verlief jedoch auch das nicht. Als man unserer Zimmer, das während unserer Abwesenheit gereinigt werden sollte, aufschloss, erlebten wir eine Überraschung. Das Bett war teilweise mit Zeitungen belegt, die erfolglos wohl vor den Flusen schützen sollten, die wie schwarze Schneeflocken im ganzen Zimmer verstreut waren. Was war passiert? Man erläuterte uns, die Klimaanlagen im Hotel seien gewartet und gesäubert worden. Offensichtlich nach der indischen Methode: Mit Pressluft wird der Wärmetauscher der Klimaanlage an Ort und Stelle vom Staub der letzten Jahre befreit. Eine sehr effiziente Methode, wenn man den Staub aus der Klimaanlage im gesamten Raum verteilen möchte. Weswegen das Hotelpersonal die Zeit bis zu unserer Ankunft nicht genutzt hat, den Dreck zu beseitigen, wird wohl dessen Geheimnis bleiben. Immerhin wurde umgehend mit der Reinigung und dem Wechsel der Bettwäsche begonnen und nach etwa 20 Minuten konnten wir endlich unser Zimmer beziehen.
Anschließend gingen wir Frühstücken. Wie üblich in einem kleinen Lokal mit nur etwa zehn Hockern und einem gewohnt schmackhaften Essen. Ausländische Gäste scheinen dort die absolute Ausnahme zu sein, denn neugierig wurden wir sofort vom Wirt und zwei Gästen angesprochen. Wahrheitsgemäß konnten wir dem bisher bei allen indischen Gesprächspartnern spürbaren Wunsch nachkommen, ihnen zu bestätigen, dass Indien, der Bundesstaat und speziell ihre Stadt uns faszinieren. Überzeugend ist das Argument, dass wir andernfalls Indien nicht bereits das fünfte Mal bereisen würden. Viel Fingerspitzengefühl verlangt es, ihren Stolz nicht zu verletzen, wenn wir ihnen berichten, dass es auch andere Orte auf der Welt mit außergewöhnlichen Sehenswürdigkeiten gibt. Als wir berichteten, dass wir mit Fahrrädern unterwegs sind, fiel dem Wirt sofort ein, dass er über uns in der Zeitung gelesen hatte. Er erinnerte sich sogar an unsere Namen, unser Alter und weitere im Artikel erwähnte Details. Der Bericht muss ihn offensichtlich sehr beeindruckt haben. Sofort fing er an, im großen Stapel alter Zeitungen, die zum Verpacken des Take-away Essens gesammelt werden, nach dem Artikel zu suchen. Als wir zahlen wollten, weigerte er sich, von uns Geld anzunehmen. Die Ehre des Besuch von VIPs in seinem bescheidenen Lokal genügte ihm wohl.
Nachdem Dagmar eine große Wäsche erledigt hatte, kamen wir gegen 14:00 Uhr endlich dazu, uns nach gut 34 Stunden ohne Schlaf ins Bett zu legen.
Nach dem Abendessen nahmen wir uns noch die Zeit, die Erlebnisse dieses ereignisreichen Tages für unseren Reisebericht festzuhalten.
Aufnahmedatum 28/02/2018
Die kurze Nacht vor unserem Rückflug verbrachten wir in der Abflughalle Wo?Nach Rechtsklick
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