2018/01/16, Tag 960 (2a 7m 15d),
Teilstrecke: 46,3 km,
Gesamtstrecke: 14.152,2 km

Gestern besuchten wir den Murugan-Tempel von Tiruchendur. Bereits am Morgen strömten die Menschen Richtung Eingang und wir befürchteten, dass wir wegen einer zu langen Wartezeit auf einen Besuch verzichten müssten. Tatsächlich erwartete uns eine mehrere hundert Meter lange Warteschlange. Unklar war zunächst, für was sich die Wartenden angestellt hatten, da keines der Hinweisschilder in lateinischer Schrift verfasst ist. Lediglich die arabischen Ziffern konnten wir lesen und das Zeichen für „Rupien“ kennen wir inzwischen. Am Haupteingang zum Tempel fanden sich Texte mit Preisangaben über 100 Rupien und 250 Rupien. Ein Mönch erläuterte, dass sich für 100 Rupien die Wartezeit auf etwa drei Stunden und für 250 Rupien pro Person auf eine halbe Stunde verkürzen ließe. Wer nicht so viel Geld zahlen möchte oder kann, stellt sich in die längste Schlange. Für 500 Rupien (etwa 6,50 €), die für uns beide fällig wurden, erhielten wir zusätzlich eine Privatführung durch einen gut Englisch sprechenden Mönch und wurden über separate Wege direkt zu den wichtigsten Räumen des Tempels geführt. In diesem Tempel spürten wir erneut die besondere Atmosphäre, die von den Gläubigen ausgeht, die davon überzeugt sind, mit dem verehrten Gott in Kontakt treten zu können. Meist opfern sie ein paar Rupien oder z. B. eine Kokosnuss.

An den prächtigen Saris, die die Besucherinnen für diesen Tempelbesuch trugen, konnten wir uns nicht sattsehen und so stellten wir uns auf die breite Treppe eines neben dem Zugangsweg zum Tempel liegenden Gebäudes, um von dort das Defilee der Trägerinnen in Ruhe verfolgen zu können. Nach kurzer Zeit wurden uns zwei Schälchen mit süßem Pongal gereicht. Eine größere Familie aus Chennai hatte einen Teil des einzigen, großen Raumes in dem Gebäude für das Pongal-Fest gemietet und war jetzt gespannt, wie uns ihr Pongal schmecken würde. Schnell kamen wir ins Gespräch und wir mussten über unsere Erfahrungen in Indien berichten. Schließlich organisierte die Familie spontan exklusiv für uns Tanzdarbietungen, die auf einem Podest in dem Gebäude präsentiert wurden. Zu den Klängen indischer Popmusik, die auf einem Smartphone gespeichert ist und über einen Bluetooth-Lautsprecher wiedergegeben wurde, tanzten zunächst die Kinder in der Art ihrer Vorbilder aus den Videoclips. Es reihten sich schließlich die erwachsenen Frauen ein und ein Mädchen, das klassischen indischen Tanz erlernt, gab zum Ende eine Kostprobe ihres Könnens. Zu spüren war wieder der Stolz auf ihre Heimat, der die Frauen erfüllte, als wir von unseren positiven Erfahrungen in Indien berichteten.

Obwohl wir unzählige Besucher sahen (2011 wurden in dem kleinen Ort 7,8 Millionen Besucher gezählt), begegneten wir während des gesamten Tages keinen anderen westlichen Touristen. Mehr als eine Handvoll Polizisten haben wir auf dem Gelände nicht gesehen – undenkbar bei Veranstaltungen vergleichbarer Größe in Deutschland.

Wie wir bereits erfahren mussten, sind an der Ostküste Indiens Unterkünfte sehr viel seltener zu finden als an der Westküste. Gerne wären wir heute noch etwas weiter gefahren, zumal nur ein schwacher Gegenwind jedoch keine Berge das Fahren erschwerte. Das nächste Hotel hätten wir dann jedoch erst nach über 100 Tageskilometern erreicht, was uns etwas zu weit gewesen wäre. Daher beendeten wir die heutige Etappe bereits gegen Mittag in einem guten Businesshotel. Das hoteleigene Restaurant hatte nach dem Waschen der Wäsche und dem Duschen noch geöffnet und wir gönnten uns ein üppiges Mittagessen. Sehenswürdigkeiten gibt es in dieser von großen Industrieanlagen (u. a. Schwerwassergewinnung) geprägten Gegend nicht. Eine gewisse Anziehungskraft übt jedoch die dem Hotel angeschlossene Bar aus, in der wir uns heute Abend wohl nach langer Zeit wieder ein Bier genehmigen werden.

Zumindest in den letzten beiden Bundesstaaten wird Alkohol nur in staatlichen Läden verkauft und die Flaschen werden diskret in Papierbeuteln versteckt, um die Peinlichkeit, die wohl bereits der Besuch dieser Verkaufsstellen bedeutet, nicht noch zu erhöhen. Nur in wenigen, lizenzierten Bars darf Alkohol ausgeschenkt werden. Zumindest die Bars, in denen abends etwas besser gestellte Inder anzutreffen sind, sind sehr dunkel und extrem heruntergekühlt. Bier ist dort, gemessen an den Preisen in deutschen oder gar französischen Gaststätten, relativ billig. Für das Gros der Inder dürfte es sich jedoch um eine teure Spezialität handeln. Zu teuer, um sich damit einen Rausch anzutrinken. Die ausschließlich männlichen Besucher kommen entweder allein oder in kleinen Gruppen und bleiben nur sehr kurz. Als wir das erste Mal eine derartige Bar besuchten und dort keine Frauen sahen, fühlten wir uns so verunsichert, dass wir nachfragten, ob Dagmar überhaupt Zutritt habe.

Wenn die beschriebenen Maßnahmen zum Ziel haben, den Alkoholkonsum zu beschränken, hat es den Anschein, die Regierungen wären damit erfolgreich: In der Öffentlichkeit sind uns bisher keine alkoholisierten Personen aufgefallen. Umso überraschter waren wir, als wir in Cherai Beach zufällig eines Morgens mitbekamen, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der männlichen Dorfbewohner nur auf das Öffnen der lokalen Bar gewartet hatte: Den Ansturm, als gäbe es die Getränke umsonst, hatten wir nicht erwartet. Getrunken wird dort – möglicherweise wegen des spezifisch niedrigsten Preises – vorwiegend Whisky und nicht z. B. der niederprozentige Toddy, nach dem wir dort vergeblich fragten, oder Bier.

Aufnahmedatum 15/01/2018

Der Gopuram des Murugan-Tempels

Der Gopuram des Murugan-Tempels

Detail des 42 m hohen Gopurams

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Der Weg zum Eingang des Tempels

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Ziemlich viele Inder

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Das Portal des Tempeleingangs

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Der Gopuram von der Seite

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Dieser Familie verdanken wir eine spontane Einladung

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Zuschauer der für uns organisierten Tanzdarbietungen

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Der klassische Teil der Vorführung

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Und wieder wurde ein Topf mit Dal (Brei aus Hülsenfrüchten) geleert

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Der lange Säulengang zum Tempelbezirk

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Segnung durch einen Elefanten

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Vor einem kleinen Tempel

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Aufnahmedatum 16/01/2018

Salzgewinnung aus Sole

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Selten wird die Straße direkt am Meer geführt

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Unterkünfte

11.01.2018 15:48
11.01.2018 15:48
15.01.2018 15:57
15.01.2018 15:57
16.01.2018 12:55
16.01.2018 12:55
20.01.2018 14:29
20.01.2018 14:29