Als Kontrastprogramm zu den zwar äußerst interessanten aber anstrengenden Wochen in der Türkei und im Iran gönnen wir uns seit drei Wochen Erholung pur in Goa. Es geht hier entspannt zu wie auf einer karibischen Insel (auf der nicht gerade ein Wirbelsturm wütet): Selbst die Hunde schlafen mitten auf der Straße und Autofahrer warten geduldig, bis diese sich bequemt haben, gerade so viel Platz zu gewähren, dass das Auto passieren kann. Hektik scheint hier unbekannt zu sein. Bei angenehmen Temperaturen und in dieser tropischen Gegend fällt es uns leicht, uns dieser Stimmung hinzugeben. Noch verspüren wir keinen Drang, weiterzufahren. Man könnte annehmen, Dagmars Vermutung wäre zutreffend, wir hätten die Reise nur begonnen, um in Indien anzukommen. Einen gewichtigen Anteil an diesem Wohlbefinden hat sicher das indische Essen, auf das wir uns bereits seit unserem Aufbruch aus Deutschland gefreut hatten. Besonders nach der Überdosis Kebab in den letzten Monaten markieren die Mahlzeiten Höhepunkte der Tage. Immer wieder hatten wir versucht, uns in der Vergangenheit das Warten auf unsere Lieblingsküche durch Besuche von indischen Lokalen zu verkürzen. Authentische indische Küche gibt es jedoch – mit Ausnahme der indischen Exklave, auf die wir in Athen gestoßen waren – anscheinend nur hier.
Nach unseren Erfahrungen gibt es das beste indische Essen jeweils dort, wo Einheimische essen. Wie sonst sollten diese Restaurants auch überleben, wenn sie den Ansprüchen der kritischen und verwöhnten Kundschaft nicht genügen würden. Von einem einfachen Äußeren lassen wir uns schon lange nicht mehr abschrecken. Wir haben gelernt, dass in der primitivsten Küche die schmackhaftesten Gerichte zubereitet werden können. Auch unser aktuelles Stammlokal bietet in einem kleinen Raum, der zur Hälfte als Minimarket fungiert, nur drei kleine Tische und Holzbänke. Wir beratschlagen jeden Morgen nach dem Frühstück mit dem Wirt, was uns am Abend serviert werden soll. Inzwischen konnten wir ihn sogar überzeugen, Zutaten zu berücksichtigen, die den Preis für das Abendessen über die Grenze von 7 € (für zwei Gerichte mit Beilagen, Salat, einer Flasche Bier und zwei indischen Tees) heben. Damit hat sich das Spektrum um grätenarme und äußerst wohlschmeckende Fische erweitert, die auf unterschiedliche Weise zubereitet werden. Langsam müssen wir uns Gedanken darüber machen, ob wir aus reiner Freude an der indischen Küche nicht mehr Joule zu uns nehmen als wir verbrauchen. Wir trösten uns derzeit noch damit, dass sich die Zeiten wieder ändern werden und der Energieumsatz steigen wird.
In den vergangenen beiden Jahren halfen die Winterpausen auf den kanarischen Inseln, die vorangegangenen Erlebnisse zu verarbeiten und Kraft zu tanken für die weitere Reise. In diesem Jahr erzwingen die Temperaturen keine derartige Winterpause. Unseren Bedarf nach Ruhe und Erholung wollen wir jetzt mit ausgedehnteren Aufenthalten an Orten wie dem aktuellen befriedigen, der denen unserer bisherigen Winterziele nicht nachsteht.
Breiten Raum nimmt die Lektüre deutscher Zeitungen ein, für die wir endlich wieder ausreichend Zeit haben. Ab dem Nachmittag gibt es noch häufiger teils ergiebige Schauer. Das war zu erwarten, da wir uns in der Endphase des Monsuns befinden. Obwohl die Temperaturen hier mit unter 30 Grad deutlich unter denen liegen, die im Iran herrschten, kommt man aufgrund der sehr viel höheren Luftfeuchtigkeit ähnlich schnell ins Schwitzen – nur dass hier die Kleidung nicht sofort wieder trocknet, wie das z. B. im Iran der Fall war.
Der nächste größere Ort, Margao, liegt etwa 12 km entfernt. Zu weit für den (zwei-)täglichen Einkauf. Fußläufig ist der lokale Marktplatz erreichbar, wo wir uns mit wohlschmeckendem exotischem Obst eindecken und in dessen Umfeld sich einige Geschäfte und Banken angesiedelt haben, in denen wir das Wenige finden, das wir hier benötigen.
Wir haben es immerhin geschafft, einen nahe gelegenen Hügel zu besuchen, auf dessen Spitze eine Kirche steht. (Goa hat einen großen Anteil an Christen. Ein Erbe der lange hier anwesenden Portugiesen.) Von dort hat man einen guten Überblick über die Gegend: Landeinwärts schließt sich an den etwa 50 m breiten und 25 km langen Sandstrand ein schmaler, undurchdringlich wirkender, mit Buschwerk und niedrigen Bäumen bewachsener Streifen an, in dem sich in größeren Abständen Resorts angesiedelt haben. Nur wenige Fischerhäuser finden sich ebenfalls in dieser Zone. Das Gros der Häuser Einheimischer und damit auch unsere Unterkunft finden sich in der bis zu einen Kilometer breiten dahinterliegenden Zone, die locker mit Palmen bewachsen ist. Die Eisenbahntrasse und die Straße für den Verkehr in Nord-/Südrichtung trennen die einige Kilometer breite Ebene, die auf der anderen Seite von der Bergkette im Inland begrenzt wird. Auf mit Palmen abgegrenzten Feldern wird hier Reis angebaut.
Die Fotos mögen einen Eindruck von der üppigen Vegetation vermitteln. Leider ist es uns nicht gelungen, die großen und farbenprächtigen Schmetterlinge zu fotografieren. Sie sind scheinbar nicht nur so groß wie Vögel, sondern auch ebenso scheu. Vor den Fenstern unserer Unterkunft tollen in den Bäumen Streifenhörnchen, die ausdauernd Töne von sich geben, als hätten sie Quietscheentchen verschluckt. Abends sammeln sich in einem Baum in der Nähe fliegende Hunde, um dort in der Nacht abzuhängen. Bei den anderen exotischen Tieren, die wir bisher gesehen haben, handelt es sich um einen Pfau, der Diez auf einer Straße entgegengekommen war und um einen Mungo, den Dagmar über eine Straße laufen sah. Erfreulicherweise gibt es nur wenig Moskitos. Wir können hier Studien betreiben, wie sich Schweine und Hühner in artgerechter Umgebung verhalten: Die laufen hier frei herum.
Aufnahmedatum 11/09/2017
Aufnahmedatum 12/09/2017
Paan für Diez
Aufnahmedatum 16/09/2017
Aufnahmedatum 23/09/2017
Aufnahmedatum 24/09/2017
Der Streifen zwischen dem Meer (rechts) und den Bergen Wo?Nach Rechtsklick
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Ranken an Stromleitungen Wo?Nach Rechtsklick
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Eine asymmetrische Blüte Wo?Nach Rechtsklick
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Eine Bananenstaude Wo?Nach Rechtsklick
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Ein Reisfeld Wo?Nach Rechtsklick
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Aufnahmedatum 26/09/2017
Aufnahmedatum 29/09/2017
Tarnung ist alles Wo?Nach Rechtsklick
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Aufnahmedatum 30/09/2017
Der Marktplatz Wo?Nach Rechtsklick
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