Den letzten Tag in der Türkei haben wir vorgestern genutzt, um uns auf den Iran vorzubereiten. Dagmar musste noch ein Gummiband in ihre lange Fahrradhose nähen, an Diez’ Fronttasche war ein Griffband durchgescheuert und die Vorräte mussten auf den Inhalt von Schweinefleisch überprüft werden. Damit waren wir gut beschäftigt. Schließlich musste noch eine lange Hose für Diez zum Radfahren gekauft werden, denn laut Internet sollten auch die Männer beim Radeln lange Hosen tragen.
Nach dieser guten Vorbereitung starteten wir früh. Es war alles beim Alten, kaum Verkehr, dafür wieder Gegenwind. Die 35 km bis zur Grenze waren schnell geschafft, da wir trotz des Windes beständig leicht bergab fuhren. Schon ca. 5 km vor der Grenze standen rechts auf der für sie ausgewiesenen Spur die ersten Lkw, ein riesiger TIR Parkplatz war völlig überfüllt und ab ca. 3 km vor der Grenze begann die eigentliche Schlange zur Abfertigung. Später erfuhren wir, dass der Grenzübertritt für die Lkws in der Regel 2-3 Tage, im Winter bis zu 10 Tage dauern kann. Die iranischen Fahrer begrüßten uns sehr herzlich, Dagmar wurden sogar Kusshände entgegengeworfen. Am Grenzübergang selbst war es für uns zunächst etwas unübersichtlich, aber die Beamten waren auch hier freundlich und hilfsbereit. Es dauerte natürlich seine Zeit, die Dagmar draußen beim Beaufsichtigen der Räder zum Umziehen für den Iran nutzte. Es kam die lange Hose, die langärmelige Bluse und nicht zuletzt das wichtigste, das Kopftuch zum Einsatz. Die Bilder dazu kommen später, da das Fotografieren an und um die Grenzanlagen nicht gestattet ist.
Wir hatten in Reiseberichten anderer Reisender von chaotischen Zuständen beim Auschecken aus der Türkei gelesen. Genau diese Situation fand Diez vor, als er sich in das Abfertigungsgebäude begab. Wo man sich geordnete Warteschlangen gewünscht hätte, gab es ungeordnete Haufen Wartender, die vor zwei engen aus Gittern gebildeten Gängen versuchten, Plätze gutzumachen. Unter den Wartenden gab es Zurückhaltende, die es den Unverschämten immer wieder durchgehen ließen, sich vorzudrängeln. Erst in Gitternähe konnte Diez diesem Treiben ein Ende bereiten, indem er den weiteren ungerechtfertigten Zustrom durch seine ans Gitter greifenden Arme blockierte. Das brachte ihm viel Zuspruch bei den Wartenden ein, die sich ebenfalls benachteiligt fühlten. Nach etwa einer Dreiviertelstunde war dann endlich der kontrollierende Beamte erreicht. In die Türkei waren wir statt mit einem Visum im Reisepass mit unserem Personalausweisen eingereist und hatten einen Begleitzettel erhalten, auf den das Einreisedatum gestempelt war. Damit konnte der Beamte nicht viel anfangen und Erklärungsversuche scheiterten an seinen fehlenden Englisch- und Diez‘ fehlenden Persisch- und Türkischkenntnissen.
Der herbeigerufene Vorgesetzte sprach etwas Englisch und bat Diez zu sich ins Büro. Dort stellte er fest, dass wir die 90 Tage überschritten hatten, die wir in der Türkei hätten bleiben dürfen. Zunächst dauerte es einige Zeit, bis er herausgefunden hatte, wie hoch die dafür anzusetzende Strafe ist. Dann wurden für uns Zahlungsaufforderungen geschrieben, die zu begleichen waren, bevor wir die Türkei verlassen durften. Um die Strafe zahlen zu können, wurde Diez quer durch die Grenzanlagen durch zwei inoffizielle Löcher in Maschendrahtzäunen zu einer Zahlstelle geschickt. Noch bevor Diez an der Reihe war, traf ein Mitarbeiter des o. g. Vorgesetzten ein und brachte in Erfahrung, dass der Restbetrag, der nicht mit den noch vorhandenen Lira beglichen werden konnte, am Schalter nicht mit der Kreditkarte bezahlt werden kann. Der Beamte charaufierte Diez daraufhin zu einem Geldautomaten am anderen Ende der Abfertigungsanlagen und anschließend wieder zurück zur Zahlstelle und zum Büro des Vorgesetzten. Ohne diesen Service hätte die Prozedur sicher noch erheblich länger gedauert. Es drängt sich der Eindruck auf, als sei es den Beamten unangenehm gewesen, von uns die mit etwa 300 € nicht gerade geringe Strafe einziehen zu müssen und als hätten sie versucht, mit ihrer Hilfsbereitschaft etwas gutzumachen. Wenigstens haben wir jetzt bis auf wenige Münzen keine Lira mehr.
Die Ausweise hatten wir zwar wieder, die aus einem türkischen und einem iranischen Zaun bestehende Grenze konnten wir damit jedoch nicht sofort übertreten. Der Beamte für das türkische Tor hatte Mittagspause und so kamen wir sofort mit einem netten Herrn aus Teheran ins Gespräch, der uns seine Hilfe, bei Bedarf auch eine Unterkunft in Teheran anbot.
Endlich war auch die Mittagspause auf der iranischen Seite vorbei und wir konnten in den Iran einreisen. Auf der iranischen Seite ging alles sehr schnell und glatt. Nicht einmal in unser Gepäck wollten sie sehen. Wir hatten befürchtet, dass man sogar unsere drei Festplatten und diverse USB-Sticks und SD-Karten einer genauen Prüfung hätte unterziehen wollen. Wir tauschten das erst Geld und waren für 100 € viereinhalbfache Millionäre – leider nur in iranischen Rial. Der Grenzbeamte versicherte uns beim Abschied, dass Diez keine langen Hosen tragen muss und Dagmar auch im Shirt mit kurzen Ärmeln fahren darf. Beim Durchfahren der kleineren Ortschaften und in Maku fühlte sie sich trotz der Hitze nicht wohl, da keine der anderen Frauen auf den Straßen mit bloßen Armen zu sehen war. So wird sie wohl in Zukunft doch die Bluse tragen. Ganz so aus der Norm zu fallen ist in einem solchen Land nicht angenehm.
Im 18 km entfernten Maku, atemberaubend in einer steilen Schlucht gelegen, fanden wir unser erstes Quartier im Iran. Die Fahrt dorthin erinnerte an die Tour de France. Kaum ein Auto, welches nicht hupte und kaum ein Iraner am Wegesrand, der nicht begeistert winkte. Diez hielt z. B. für ein Foto an und schon waren wir zum Tee eingeladen. Bei der Ankunft im Hotel waren gleich vier Herren bereit, uns bei unserer Reise im Land behilflich zu sein. Beim Abendessen in einem kleinen Restaurant kam sofort wieder ein Gespräch mit einem Jurastudeten und seinem Vater zustande und wir sind noch immer völlig überwältigt von der Offenheit und Hilfsbereitschaft der Iraner.
Aufnahmedatum 27/07/2017
Berge rechts und links der Straße Wo?Nach Rechtsklick
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Der große und rechts der gar nicht so kleine Ararat Wo?Nach Rechtsklick
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Am Ende der Geraden liegt die Grenze Wo?Nach Rechtsklick
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Auch auf iranischer Seite gibt es interessante Felsformationen Wo?Nach Rechtsklick
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Maku liegt in einem Canyon Wo?Nach Rechtsklick
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