Von der heutigen Etappe wird uns sicher der schlechte Straßenzustand in Erinnerung bleiben. Mindestens 60 % der Strecke fuhren wir über Pflastersteine. Wir hatten den Eindruck, als habe man an den Straßen seit der Antike nichts mehr getan. Dann gab es noch eine längere Strecke mit einem neuen Straßenbelag – leider fehlte wohl das Geld, die Höhe der Kanalschächte dem neuen Niveau anzupassen: Den alten Belag hatte man lediglich zwischen den Kanaldeckeln weggefräst. Alle ca. 40 m ließ man einen etwa 5 cm über dem sonstigen Niveau liegenden Bereich stehen, der sich vom rechten Fahrbahnrand bis zum fast in der Fahrbahnmitte liegenden Deckel erstreckt. Unsere Erfahrungen mit den Speichenbrüchen ließ uns entsprechend vorsichtig fahren und zum ersten Mal kamen Zweifel auf, ob die Entscheidung gegen Federungen richtig war.
Berichtenswert ist noch ein Erlebnis beim Kauf von Pfirsichen. Wie so oft hielten wir an einem Laden, der Obst verkauft. Für vier reife, wohlschmeckende und große Pfirsiche zahlten wir nur 60 Eurocent. Als der Verkäufer bemerkte, dass wir die Pfirsiche direkt verspeisen wollten, bat er uns in seinen Hinterhof, wo wir Stühle angeboten bekamen und ein Becken vorfanden, um die Pfirsiche zu waschen. Zusätzlich reichte er uns noch zwei Becher, um vom Wasser zu trinken. Auf die vor dem Laden abgestellten Räder versicherte er aufpassen zu wollen.
Neapel passierten wir direkt am Ufer, von dem aus die Stadt einen etwas besseren Eindruck macht als im Centro Storico. Jetzt sind wir auf dem Campingplatz in unmittelbarer Nähe zur Ausgrabungsstätte von Pompeji. Anders als auf Campingplätzen mit vergleichbarer Lage zu bedeutenden Sehenswürdigkeiten, ist dieser preiswert, mit relativ großzügigen Parzellen und ruhig.
Heute wurde uns wieder bewusst, wie gewöhnungsbedürftig das Radfahren in Italien ist. Wir eignen uns langsam auch das Phlegma an, das die italienischen Roller- und Autofahrer zu haben scheinen. Es ist auffällig, wie gelassen sie selbst auf Behinderungen oder sogar Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer reagieren. In Situationen, in denen in Deutschland ein wildes Hupkonzert anheben würde, weil z. B. einem in einer Einbahnstraße ein Auto entgegenkommt, macht man hier dem Geisterfahrer freundlich Platz. Noch zwei Monate in Italien und wir laufen Gefahr, für den deutschen Autoverkehr für alle Zeiten verdorben zu sein. Gut, dass unsere Reise nicht hier begonnen hat, das wäre eine enorme Belastungsprobe für unsere Nerven geworden.
Aufnahmedatum 24/08/2016